Geschichte des Instituts

Das Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz in seiner heutigen Form besteht erst seit 20 Jahren, indem die ursprünglich 1898 als eigene Lehrkanzel gegründete „Forstliche Phytopathologie“ 1987 dem Institut für Forstentomologie und Forstschutz zugesprochen wurde. Zuvor war die „Forstliche Phytopathologie“ fünf Jahre nach ihrer Gründung mit der Hornorardozentur für landwirtschaftliche Phytopathologie zum neu geschaffenen Lehrstuhl „Phytopathologie“ und in weiterer Folge zum „Lehrstuhl für landwirtschaftlichen Pflanzenschutz und forstliche Phytopathologie“ zusammengelegt worden. Das Institut für Forstentomologie und Forstschutz hingegen blickt auf eine 130 jährige Geschichte zurück und ist damit das weltweit erste Institut dieser Fachrichtung. Mit der Etablierung der forstlichen Sektion an der Hochschule für Bodenkultur (BOKU) im Jahre 1875 wurde das Lehrfach „Forstschutz“ in den ersten beiden Jahren durch den Extraordinarius für Forstliche Produktionslehre, Ernst Gustav HEMPEL, vertreten. 1877 erfolgte die Bildung einer eigenen Lehrkanzel für dieses Fach, ein Jahr später fand die Gründung des Institutes für Forstschutz und Forstentomologie mit "Laboratoriumseinrichtungen für die forstliche Studienrichtung" statt. Mit der Leitung wurde Gustav HENSCHEL betraut, ein erfahrener Forstpraktiker und Lehrer. Neben umfangreicher Lehrtätigkeit - er hatte noch zusätzliche Vorlesungen über Jagd, Forstdienstorganisation und Rechnungswesen – verfasste HENSCHEL unter anderem das in drei Auflagen zwischen 1861 und 1895 erschienene Handbuch „Die schädlichen Forst- und Obstbauminsekten, ihre Lebensweise und Bekämpfung“ und über sein Fach hinaus gehende einschlägige Beiträge über Kleinsäuger und Süßwasserfische. HENSCHEL verstarb 1895 im 60. Lebensjahr. Als Nachfolger übernahm 1895 der Forstmeister Friedrich A. WACHTL das Institut. Bereits vor seiner Berufung befasste er sich intensiv mit der Forstentomologie und erstellte die „Sammlung forst- und landwirtschaftlich schädlicher Insekten“, die im Jahre 1873 anlässlich der Weltausstellung in Wien als Aufsehen erregendes Schaustück der Öffentlichkeit erstmals präsentiert wurde. Wegen akuten Raummangels wurde diese wertvolle Sammlung im Jahre 1987 vor dem Umzug des Instituts in das angemietete Gebäude „Hasenauerstrasse 38“ als Legat dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck übergeben. WACHTL war wie sein Vorgänger ein Wissenschafter mit reichlicher Praxiserfahrung und ein ausgezeichneter Systematiker. Er war Mitherausgeber der Wiener Entomologischen Zeitung und machte sich insbesondere durch zahlreiche Abhandlungen über Biologie und Pathologie von Forstinsekten sowie einigen Neubeschreibungen einen Namen. Von ihm stammen zum Beispiel bedeutende Werke über die Nonne (Lymantria monacha) und verschiedenen Tannenschädlingen sowie die ersten Aufzeichnungen von Wirtsarten bestimmter Raupenfliegen (Tachinidae) aus dem ehemals Niederösterreich-mährisch-schlesischen Gebiet. Im 73. Lebensjahr starb WACHTL im Jahr 1913, zwei Jahre nach seiner Emeritierung. Mit Moritz SEITNER wurde 1911 wiederum ein erfahrener Forstpraktiker mit der Leitung des Institutes betraut. Die Ausbildung hatte er bereits an der Hochschule für Bodenkultur erhalten. In seiner Ära erweiterte sich das Institut um einen Assistentenposten, der 1925 mit seinem Schüler und späteren Nachfolger Erwin SCHIMITSCHEK besetzt wurde. SEITNERs Arbeiten umfassten u.a. die Samenschädlinge der Nadelhölzer, die Schädlinge an der Zirbe sowie die Lebensweise anderer bedeutender Forstschädlinge und deren Antagonisten. Als Lehrer beschränkte er sich in der Systematik der Forstinsekten auf das Wesentliche und stellte deren Bionomie und Ökologie in den Vordergrund. Nach 20 Dienstjahren als Ordinarius trat SEITNER 1931 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Er starb fünf Jahre später im Alter von 74 Jahren. Als Folge der Wirtschaftskrise und strikter Sparmaßnahmen wurde von 1931 bis 1939 auf eine Wiederbesetzung des Lehrstuhls verzichtet. Mit der Leitung des Instituts und einem Lehrauftrag wurde während dieser Zeit Erwin SCHIMITSCHEK als Dozent beauftragt, bis man ihn 1939 als Ordinarius auf die wieder errichtete Lehrkanzel berief. Zuvor war er für drei Jahre als Direktor des Forstschutzinstitutes von Bahceköy in der Türkei tätig, wo er die türkische Forstentomologie aufbaute und mit seinem Buch über die „Forstinsekten der Türkei und ihre Umwelt“ ein grundlegendes Werk für seine dortigen Nachfolger schuf. Während seines Auslandaufenthaltes wurde er in der Lehre vom ehemaligen Direktor der Forstlichen Versuchsanstalt in Mariabrunn, W. SEDLACZEK, vertreten. In der Forstentomologie galt und gilt SCHIMITSCHEK als äußerst produktiver und dynamischer Wissenschafter. Seine Studien über die Massenwechsel von Forstschädlingen unter Berücksichtigung der abiotischen und biotischen Zusammenhänge hatten das kausale Verständnis der Massenvermehrung von Schadinsekten zum Ziel. Damit leitete SCHIMITSCHEK die Entwicklung des ökologisch fundierten Waldhygiene-Konzeptes ein, welches er nach seinem Weggang von der BOKU (1945) und der Berufung an das Forstzoologische Institut in Göttingen (1953) weiter verfolgte und letztendlich in dem 1969 erschienenen Buch „Grundzüge der Waldhygiene“ dokumentierte. Neben zahlreichen Publikationen über spezielle forstentomologische Untersuchungen verfasste SCHIMITSCHEK auch einen „Schlüssel zur Bestimmung der wichtigsten forstlichen Käfer“ (1937) sowie das Buch „Die Bestimmung von Insektenschäden im Walde nach Schadensbild und Schädling“ (1955), welche den Forststudenten nach wie vor als Standardwerke dienen. Für seine hervorragenden wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Forstentomologie wurde SCHIMITSCHEK seitens der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie mit der Vergabe der Escherich-Medaille (1963) und der Fabricius-Medaille (1974) gewürdigt. 1945 übernahm Anton KURIR den Forstschutz wiederum als Dozentur, die erst 1961 in eine Lehrkanzel umgewandelt wurde. Unter seiner Leitung wurden zwei Assistentenposten geschaffen. KURIRs Tätigkeiten umfaßten zunächst umfangreiche Lehrverpflichtung auch außerhalb des Forststudiums, die Zusammenstellung eines Orientierungs-Bestimmungsbuches für Forstpraktiker, Untersuchungen in Gradations- und Kahlfraßgebieten von Schädlingen, Untersuchungen von eingeschleppten Schadinsekten wie auch von Holzzerstörern in Behausungen und von Forstgartenschädlingen. Seine besonderen Verdienste um das Institut lagen im weiteren Ausbau der Bibliothek und der Sammlungen. Im Jahr 1981 übernahm Erwin FÜHRER, ein Schüler SCHIMITSCHEKs, die Nachfolge. Mit seiner Berufung von einer Professur für Forstzoologie in Göttingen an die BOKU erfolgte eine wesentliche Erweiterung des Institutes und seiner fachspezifischen Aufgaben. Die notwendig gewordene Aufstockung des wissenschaftlichen und technischen Planpersonals, die erforderlichen Laborplätze für Dissertanten, Diplomanden und Projektmitarbeiter sowie die Laboreinrichtungen selbst riefen stetig steigenden Raumbedarf hervor, der nach verschiedenen sehr unbefriedigenden Zwischenlösungen auch jetzt nur provisorisch durch zwei angemietete Wohnobjekte gedeckt ist (Haus Hasenauerstrasse 38 sowie Wohnung Billrothstrasse 53). Die wissenschaftliche Orientierung des Instituts erfuhr in der Forstentomologie durch die Etablierung der Arbeitsgruppen „Ökophysiologie, Insektenpathologie, Genetik der Forstinsekten, Populationsdynamik und allgemeiner Forstschutz sowie durch die Eingliederung des Faches "Forstliche Phytopathologie" (1987) eine beträchtliche Erweiterung. Entsprechende stark stiegen auch die Forschungsaktivitäten im fachautonomen Bereich sowie im interdisziplinären Rahmen der Waldschadens- und Waldökosystem-forschung an. Zu diesem Zweck wurde 1984 von FÜHRER die "Forschungsinitiative gegen das Waldsterben" (FIW) ins Leben gerufen und die diesbezüglichen nationalen Forschungsaktivitäten Österreichs von ihm wissenschaftlich geleitet. International übernahm FÜHRER 1996 die wissenschaftliche Koordination des EU FAIR Programms „European Forest Ecosystem Research Network“ (EFERN-S6) mit dem Ziel der Vernetzung der europäischen Waldökosystemforschung und leitete von 1996-2000 ein Team europäischer Waldökostystemforscher, um zukunftsweisende Richtlinien für ein nachhaltiges Management europäischer Waldökosysteme zu erarbeiten. Die Ergebnisse wurden 2000 in dem Sonderband der Zeitschrift „Forest Ecology and Management“ (Vol. 132) unter dem Titel "Pathways of the wise management of forests in Europe" veröffentlicht. Mit der Fertigstellung der Generalsynopse als dritter Projektteil endeten die Forschungstätigkeiten im Rahmen der Forschungsinitiative gegen das Waldsterben im Jahr 2000. Neben zahlreichen fachspezifischen Publikationen zu dieser Thematik wurden die Ergebnisse der jahrelangen Forschungstätigkeiten in dem von FÜHRER und NOPP (2001) herausgegeben Buch „Ursachen, Vorbeugung und Sanierung von Waldschäden“ zusammengefasst. Als Anerkennung für seine großartigen Leistungen in der Waldschadens- und Waldökosystemforschung bekam FÜHRER 1988 das Ehrenkreuzes der Republik Österreich für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse verliehen und wurde 1995 zum Korrespondierenden Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Im Dezember 2000 trat FÜHRER nach schwerer Erkrankung in den vorzeitigen Ruhestand. In Folge übernahm Axel SCHOPF, ein Schüler und langjähriger Mitarbeiter FÜHRERs, die Leitung des Instituts und wurde 2002 zum Institutsvorstand berufen. Innerhalb der zur Zeit bestehenden sieben Arbeitsgruppen werden in der Forschung einerseits Grundlagen über die Biologie, Ökologie, Taxonomie, Genetik und Populationsdynamik von forstlichen und holzzerstörenden Schaderregern und deren Antagonisten, andererseits entwicklungs- und ernährungs-physiologische Interaktionen zwischen den Organismen verschiedener Trophieebenen in den Wirtsbaum-Schaderreger-Parasit/Pathogen-Beziehungen untersucht. Darüber hinaus befasst sich das Institut mit der Entwicklung von Modellen für Monitoringverfahren und Risikoabschätzung von Schaderregern sowie von modernen Verfahren für den präventiven Waldschutz. In der Lehre werden derzeit vom Institut neben den Studenten der Forstwirtschaft die Bachelorstudenten der Studienrichtungen Holz- und Naturfasertechnologie, und Umwelt- und Bio-Ressourcenmanagement sowie die Studenten in den Masterstudien Phytomedizin, Mountain Forestry, Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur, Hochtechnologie und -Management sowie Wildtierökologie und Wildtiermanagement ausgebildet.